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Ratgeber

Ein kostbarer Schatz: Die Bedeutung von Erinnerungen im Pflegealltag

Die Bedeutung von Erinnerungen sollte im Umgang mit älteren und pflegebedürftigen Menschen keinesfalls unterschätzt werden. Denn Erinnerungen sind abgespeicherte Erfahrungen. Sie prägen uns. Gerade im hohen Lebensalter können Erinnerungen wertvoll sein, um zufriedener auf das eigene Leben zurückzublicken. In unserem Blogbeitrag möchten wir Ihnen einige Anregungen geben, wie Sie Erinnerungen mit Ihrem pflegebedürftigen Familienmitglied bewahren und neu beleben können.

Die Bedeutung von Erinnerungen sollte im Umgang mit älteren und pflegebedürftigen Menschen keinesfalls unterschätzt werden. Denn Erinnerungen sind abgespeicherte Erfahrungen. Sie prägen uns. Gerade im hohen Lebensalter können Erinnerungen wertvoll sein, um zufriedener auf das eigene Leben zurückzublicken. In unserem Blogbeitrag möchten wir Ihnen einige Anregungen geben, wie Sie Erinnerungen mit Ihrem pflegebedürftigen Familienmitglied bewahren und neu beleben können.

Warum ist die Bedeutung von Erinnerungen so groß im höheren Lebensalter?

Erinnerungen sind kleine Reisen, die Erlebnisse mit einem Wimpernschlag wieder lebendig werden lassen. Sie können uns dadurch auf besondere Weise mit Menschen verbinden, mit denen wir diese Momente erleben durften. Dem Umgang mit Erinnerungen kommt daher gerade im hohen Lebensalter eine wichtige Bedeutung zu.

  • Freude: Beim Gedanken an schöne Momente huscht vielen Menschen ein Lächeln über das Gesicht. Frohe Erinnerungen können daher wie angenehme Kurztrips im manchmal eintönigen Alltag sein.
  • Trost: An glückliche Momente oder schöne Ereignisse zurückzudenken, kann die Dankbarkeit eines Menschen stärken und dadurch vielleicht auch Trost in dunklen Zeiten geben. Das Wissen darum, schwere Lebensphasen durchgestanden zu haben, kann neuen Optimismus und Kraft an schweren Tagen schenken.
  • Verarbeitung schmerzhafter Erfahrungen: Erinnerungen sind nicht immer froh und glücklich. Manchmal schmerzen uns traurige Erlebnisse, wie z. B. der Tod eines Menschen, eine Trennung oder ein dramatisches Ereignis. Auch diese Erinnerungen prägen und beeinflussen uns bis ins hohe Alter. Sie können Menschen noch im hohen Lebensalter aufwühlen. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich ein Mensch noch bewusst an Erlebnisse erinnert oder ob diese ihn unbewusst umtreiben. Auch deshalb ist Erinnerungsarbeit im Alter wichtig.
  • Stärkung des Selbstwertgefühls: Erinnerungen können das Selbstwertgefühl älteren Menschen positiv beeinflussen. Indem sie Erfolge und positive Erfahrungen reflektieren, können manche altersbedingten Einschränkungen leichter angenommen werden. Dadurch steigt die Wertschätzung für die eigene Lebensleistung und somit auch das Selbstwertgefühl.
  • Stärkung der Identität: Erinnerungen stiften Identität. Sie zeigen uns, woher wir kommen und wie wir zu der Person geworden sind, die wir augenblicklich sind. Erinnerungen können ältere Menschen in Kontakt bringen mit den wichtigsten Eckdaten ihres Lebens. So stärken sie das Bewusstsein für die eigene Identität.
  • Stärkung kognitiver Fähigkeiten: Erinnerungsarbeit ist immer auch Gedächtnisarbeit. Daher kann das Auflebenlassen von Erinnerungen ganz nebenbei einen wertvollen Beitrag leisten, um das Denkvermögen älterer Menschen zu trainieren.
  • Soziale Nähe: Viele Erinnerungen verbinden uns auf besondere Weise mit anderen Menschen. Erinnerungen können deshalb soziale Bindung fördern und ein Gefühl von Gemeinschaft und Zugehörigkeit stärken. Mitunter können so auch Empfindungen von Einsamkeit reduziert werden.

Erinnerungspflege als Gedächtnisstütze

Entgegen einer weitverbreiteten Meinung wird nicht das gesamte Gedächtnis im Alter schlechter, sondern vor allem das Kurzzeitgedächtnis. Das Langzeitgedächtnis wird dagegen sogar aktiver. Prägende Erinnerungen aus der Vergangenheit werden wieder präsenter. Eine intensive Erinnerungsarbeit kann daher helfen, wertvolle Langzeiterinnerungen zu aktivieren und sie positiv zu verarbeiten.

Wie können Erinnerungen gepflegt werden?

Erinnerungsarbeit ist weitaus mehr als ein nettes Gespräch über Erfahrungen. Unterschiedliche Methoden bieten vielfältige Gelegenheiten, um die Erinnerungspflege so zu gestalten, dass sie den Möglichkeiten und Vorlieben der pflegebedürftigen Person bestmöglich entspricht.

  • Fotoalben betrachten: Kaum etwas lässt Erinnerungen so schnell lebendig werden, wie eine lieb gewonnene Momentaufnahme. Das Betrachten von Fotos ist daher eine der einfachsten und wirkungsvollsten Möglichkeiten, um Erinnerungen zu aktivieren. Blättern Sie langsam durch ein Album oder eine Bildersammlung, stellen Sie Fragen zu Menschen, Orten und Ereignissen und lassen Sie die pflegebedürftige Person dabei viel erzählen 
    Tipp: Sollte Ihrem Familienmitglied der Umgang mit einem klassischen Fotoalbum zu schwerfallen, so können Sie Bilder mithilfe von Apps oder Dienstleistern digitalisieren lassen. Vielleicht findet sich auch ein Enkel oder eine Enkelin, die diese Aufgabe übernimmt. Mit einem leichten und seniorengerechten Tablet kann Ihr Familienmitglied anschließend ganz selbstbestimmt – sogar in liegender Position – in den schönsten Erinnerungsmomenten „blättern“.
  • Erinnerungskoffer packen: Ob Lieblingskuscheltier, Siegerpokal oder eine Muschel aus dem ersten gemeinsamen Urlaub – in einem Erinnerungskoffer können lieb gewonnene Andenken auf schöne Weise aufbewahrt werden. Packen Sie den Koffer entweder mit Ihrem pflegebedürftigen Familienmitglied oder stellen Sie selbst eine Sammlung von Gegenständen zusammen, bei denen Sie sich sicher sind, dass diese ihm wertvoll und wichtig sind. Stellen Sie diese anschließend Ihrem Familienmitglied vor, um so gemeinsam ins Gespräch zu kommen.
  • Musik hören: Kennen Sie das auch: Sie hören ein Musikstück und werden automatisch an einen besonderen Moment erinnert, den Sie mit diesem Lied verbinden. Der Grund für dieses Phänomen ist das gut ausgeprägte Musikgedächtnis des Menschen. Da das Hirnareal für das Musikgedächtnis erst sehr spät von neurodegenerativen Erkrankungen betroffen ist, können sich auch Menschen mit Demenz oft noch sehr lange an gewohnte Melodien erinnern. Das gemeinsame Hören von vertrauert Musik ist daher – wie in Studien belegt – ein hervorragendes Instrument, um Erinnerungen neu zu beleben.
  • Kochen und Backen: Auch Speisen können auf einzigartige Weise lieb gewonnene Erinnerungen wecken. Denn der vertraute Geschmack eines bekannten Gerichtes stimuliert gleichermaßen kognitive und emotionale Erinnerungen. Vielleicht spricht Ihr Familienmitglied immer noch gerne vom geliebten Erdbeerkuchen seiner Großmutter oder von einem besonders leckeren Braten? Dann versuchen Sie dieses Gericht nachzukochen. Dabei ist es allerdings nicht wesentlich, den Geschmack von damals exakt zu treffen – zumal sich der Geschmacksinn im Alter ohnehin verändert. Vielmehr geht es darum, sich miteinander auf die Suche nach den Geschmäckern und Düften frühere Jahre zu machen und so kulinarisch gemeinsam in Erinnerungen zu schwelgen. 
  • Gedächtnisspiele: Ein personalisiertes Memory mit Fotos von Freunden und Familienmitgliedern oder mit wichtigen Ereignissen aus dem Leben der pflegebedürftigen Person kann eine schöne Gelegenheit sein, um das Gedächtnis Ihres Familienmitgliedes auf spielerische Weise anzuregen. Ebenso eignen sich auch Fotopuzzles mit Fotocollagen oder individualisierte Spielkarten.
  • Ein Tagebuch nutzen: Hat Ihr Angehöriger früher Tagebuch geführt? Dann bietet das (Vor-)Lesen aus alten Tagebucheinträgen eine gute Möglichkeit, um sich an besondere Lebensereignisse zu erinnern – allerdings natürlich nur, wenn Ihr Familienmitglied damit einverstanden ist, solch private Inhalte mit Ihnen zu teilen. Alternativ können Sie gemeinsam ein Erinnerungstagebuch führen. Fragen Sie Ihr Familienmitglied, an welche besonderen Ereignisse es sich aus der Schulzeit, aus der Ausbildung, aus den ersten Berufsjahren usw. erinnert. Schreiben Sie alle Anekdoten wie in einer kleinen Biografie auf. Versuchen Sie dabei, möglichst viele Fakten zu den einzelnen Erlebnissen zu sammeln.
  • Stammbaum erstellen: Eine etwas aufwendigere, aber schöne Möglichkeit, um sich mit der eigenen Biografie und Identität zu beschäftigen, sind Stammbäume. Diese können Sie entweder auf Papier oder digital anfertigen. Wichtiger als die Erstellung eines möglichst weitreichenden und vollständigen Stammbaums ist das Gespräch über die einzelnen Familienmitglieder und die damit verknüpften Erinnerungen. Bilder der jeweiligen Personen können dem Gedächtnis Ihres Familienmitgliedes auf die Sprünge helfen.
  • Gemeinsame Ausflüge: Eine besonders schöne Art, um Erinnerungen gemeinsam zu pflegen, ist das Aufsuchen von Orten, die im Leben Ihres Familienmitgliedes wichtig geworden sind. Das könnte beispielsweise das Elternhaus sein, die ehemalige Schule, der Ort des ersten Kusses, die erste eigene Wohnung oder die Hochzeitskirche. Sollte ein Ausflug zu beschwerlich sein, können Sie Fotoboards zu den jeweiligen Orten erstellen. Vielleicht finden Sie auch eine Reportage zum entsprechenden Ort (oder der Region).

Worauf sollte man bei der Erinnerungsarbeit mit pflegebedürftigen Menschen achten?

Erlebnisse prägen Menschen. Wer sich auf die Suche nach Erinnerungen macht, muss daher auch darauf gefasst sein, auf schwere oder unliebsame Emotionen zu stoßen. Um die Erinnerungsarbeit in der Pflege möglichst positiv zu gestalten, sollten daher einige Aspekte beachtet werden.

  • Tagesverfassung ernstnehmen: Das Wort Erinnerungsarbeit deutet es bereits an: Der Umgang mit Erinnerungen kann nicht nur schön, sondern auch aufwühlend und anstrengend sein. Treten Sie die Reise in die Erinnerungen daher am besten an Tagen an, an denen sich Ihr Familienmitglied wohlfühlt und nicht schon durch andere Themen und Fragestellungen aufgewühlt ist.
  • Privatsphäre wahren: Nicht jede Erinnerung ist zum Teilen gedacht. Vielleicht gibt es im Leben Ihres Familienmitgliedes Momente, über die dieses nicht gerne sprechen möchte. Achten Sie daher gut auf zurückhaltende oder ablehnende Reaktionen und respektieren Sie diese.
  • Unterschiedliche Wahrnehmungen zulassen: Sie haben eine schöne Erinnerung im Kopf, auf die Sie Ihr Familienmitglied ansprechen, ernten dann aber eine gleichgültige oder sogar negative Reaktion? – Menschen verbinden mit Erlebnissen unterschiedliche Emotionen, die sich noch dazu im Lauf des Lebens verändern. Akzeptieren Sie diese Unterschiedlichkeit. Nehmen Sie zudem an, wenn Ihr Familienmitglied negativ von einem Erlebnis spricht, das es noch vor wenigen Jahren als positiv empfunden hat.
  • Vorsicht vor unbekannten Erlebnissen: Seien Sie darauf gefasst, dass Sie auch als enge Bezugsperson nicht alle wesentlichen Momente aus dem Leben Ihres Familienmitgliedes kennen. Respektieren Sie dies und nehmen Sie entsprechende Reaktionen unbedingt ernst. (Ein Beispiel: Ihr Familienmitglied reagiert stark auf eine Frage zum ersten Kuss, weil dieser gegen dessen Willen erfolgt ist.)
  • Achtung - traumatisierende Erinnerungen: Kriegserlebnisse, Fluchterfahrungen, individuelle Grenzüberschreitungen oder missbräuchliches Verhalten – traumatische Erlebnisse können Menschen selbst nach vielen Jahren noch aufwühlen und beunruhigen. Starten Sie daher sehr behutsam in die Erinnerungsarbeit und seien Sie sensibel, wenn Sie starke Emotionen oder Verhaltensänderungen wahrnehmen. Fragen Sie nicht auf eigene Faust weiter. Suchen Sie gegebenenfalls Rat, beispielsweise bei der Psychologischen Online-Beratung für pflegende Angehörige.
  • Zeit für Nachlese: Planen Sie Erinnerungsarbeit nur ein, wenn Sie in den darauffolgenden Tagen weiterhin Zeit mit Ihrem Familienmitglied verbringen. So geben Sie diesem die Möglichkeit, aufkommende Emotionen und Nachwirkungen anzusprechen. Zudem können Sie dadurch erkennen, ob Ihr Familienmitglied von belastenden Erinnerungen umgetrieben wird, über die Sie gegebenenfalls noch einmal sprechen sollten.

Biografiearbeit – Die Bedeutung von Erinnerungen heben und nutzen

Die Biografiearbeit beschäftigt sich systematisch mit der Lebensgeschichte eines Menschen. Sie wird vor allem in der stationären Pflege genutzt, um ein tieferes Verständnis für eine Person und ihre Lebensumstände zu erreichen. Doch auch für Angehörige und für die Pflegebedürftigen selbst kann Biografiearbeit neue und wertvolle Sichtweisen auf das Leben eröffnen. Die Biografiearbeit beschäftigt sich dabei nicht nur mit den Eckdaten eines Lebens, wie wichtigen Lebensereignissen, sondern auch mit den Interessen und Werten eines Menschen. Das gemeinsame Ausfüllen von entsprechenden Biografie-Fragebögen kann helfen, wesentliche Lebenspunkte zu erkennen, über die man bislang vielleicht nur wenig gesprochen hat, um auch diese entsprechend zu würdigen.