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Ratgeber

Kleine große Momente: Alltagsrituale in der Pflege

„Unterschätze nie die Macht der Rituale.“– Mit diesen Worten bringt Ernst Wilhelm Heine die Kraft von Alltagsritualen in der Pflege auf den Punkt. Denn Rituale sind mehr als eine Gewohnheit. Sie können den Alltag unterbrechen, besondere Augenblicke schaffen und zu echten „Kraftspendern“ werden. Gerade deshalb Rituale auch in der Pflege zu einem wertvollen Schatz werden. Welche Rituale sich besonders gut für die Begleitung älterer Menschen eigenen und wie Sie diese auch in Ihren Pflegealltag integrieren können, zeigen die nachfolgenden Erklärungen und Anregungen.

„Unterschätze nie die Macht der Rituale.“– Mit diesen Worten bringt Ernst Wilhelm Heine die Kraft von Alltagsritualen in der Pflege auf den Punkt. Denn Rituale sind mehr als eine Gewohnheit. Sie können den Alltag unterbrechen, besondere Augenblicke schaffen und zu echten „Kraftspendern“ werden. Gerade deshalb Rituale auch in der Pflege zu einem wertvollen Schatz werden. Welche Rituale sich besonders gut für die Begleitung älterer Menschen eigenen und wie Sie diese auch in Ihren Pflegealltag integrieren können, zeigen die nachfolgenden Erklärungen und Anregungen.

Ritual, Gewohnheit oder Routine – Was ist der Unterschied?

Rituale sind Handlungen, die für Menschen eine besondere Bedeutung besitzen. Deshalb werden Rituale oft sehr bewusst und mit einer gewissen Achtsamkeit durchgeführt. Sie unterscheiden sich damit von Alltagsroutinen, die meist eher aus Zweckmäßigkeit erfolgen, und von alltäglichen Angewohnheiten, die nicht selten auch unbedacht ausgeübt werden.
Rituale und Gewohnheiten können sich manchmal sehr ähneln, sie unterscheiden sich allerdings immer in dem Wert, den Menschen einem Ritual oder einer rituellen Handlung zumessen.
Ein gutes Beispiel kann die nachmittägliche Tasse Kaffee sein. Ohne besondere Achtsamkeit getrunken ist sie lediglich eine Gewohnheit, vielleicht sogar eine oft unbedachte Routine. Wird der Nachmittagskaffee dagegen als bewusste Pause im Alltag gestaltet so kann es sich bereits um ein Ritual handeln. Wird dann noch eine schöne Musik eingeschaltet, das Zubereiten des Kaffees selbst zelebriert oder die Zeit bei einer Tasse Kaffee genutzt, um sich in aller Hektik bewusst gegenseitig zuzuhören, so kann in jedem Fall von einem Ritual gesprochen werden.

Warum können Alltagsrituale in der Pflege so wertvoll sein?

Rituale begegnen uns häufig an wichtigen Punkten im Leben. Gute Beispiele sind dafür die vielfältigen religiösen Rituale z. B. bei einer Taufe, einer Hochzeit einer Beerdigung. Rituale können dann wichtige Momente unterstreichen, Sinn stiften und Orientierung bieten. Doch auch im Alltag können Rituale eine wichtige Bedeutung haben und mitten im Alltag wertvolle Momente schaffen.  Denken Sie zum Beispiel an den Abschiedskuss zwischen zwei Liebenden oder Rituale im Leben mit Kindern, wie die Umarmung von Mama und Papa vor dem Verlassen des Hauses oder die Kuschelzeit am Abend. Ebenso können Rituale auch für ältere Menschen sehr bereichernd sein und vielfältige positive Wirkungen entfalten:

  • Nähe und Zuneigung: Rituale zwischen Menschen können besonders wertvolle Momente der Zuneigung gestalten. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich das Ritual täglich ereignet (wie beispielsweise bei einer abendlichen Umarmung oder Handmassage) oder seltener wiederholt wird. Denn ein sich wöchentliches Ritual wie zum Beispiel das gemeinsame Sonntagskuchenessen kann ebenso Wärme und Nähe ausdrücken wie ein Ritual im Jahreskreis (beispielsweise das liebevolle Überreichen eines Blumenstraußes zum Muttertag oder dem mit einem guten Wunsch versehenen Marzipanschwein an Neujahr)
  • Halt und Sicherheit: Regelmäßig wiederkehrende Rituale können als „Alltagsbegleiter“ für älteren Menschen und insbesondere für Pflegebedürftige mit geistigen Beeinträchtigungen eine wertvolle Hilfe sein, um sich Alltagsabläufe besser einzuprägen und den oft eintönigen Pflegealltag zu durchbrechen. Dies gilt insbesondere für tägliche oder wöchentliche Rituale, wie z. B. das Vorlesen eines guten Wunsches für den Tag am Morgen oder das gemeinsame Schauen eines schönen Films am Sonntagabend. Auch in die Pflegeroutine selbst lassen sich viele Rituale integrieren.
  • Zugehörigkeit: Um zu verdeutlichen, wie verbindend Rituale sein können, eignet sich nichts besser als ein Blick in die Welt des Fußballs. Denken Sie z. B. an die Welt der Fangesänge, aber auch an die vielen beinahe schon abergläubischen Rituale der Fans am Spieltag.
    Auch im Pflegealltag lassen sich viele solcher „Zugehörigkeits-Rituale“ integrieren. Dies gilt insbesondere für sportbegeisterte Seniorinnen und Senioren. Mit viel Kreativität lassen sich aber auch regionale und örtliche Rituale finden, die eine intensive Verbindung mit Ihrem pflegebedürftigen Familienmitglied schaffen können. Bringen Sie zum Beispiel an Ostern ein Ei aus der Eiersuche im Dorf mit, bitten Sie die Enkel, die Laternen des Martinsumzuges Opa bzw. Oma zu zeigen oder verwöhnen Sie Ihre*n Angehörigen mit einem Apfelkuchen aus der ersten Ernte des eigenen Apfelbaumes.
  • Vergegenwärtigung von Erinnerungen: Wie läuft die Bescherung an Weihnachten ab? Welches Essen darf an den weihnachtlichen Feiertagen auf keinem Fall fehlen? Wie wird der Vater- und Muttertag gefeiert? – Viele Familien haben ganz eigene und originelle Rituale geprägt, die besonderen Momenten im Jahresverlauf einen festlichen Rahmen geben. Viele Menschen erinnern sich bis ins hohe Alter an diese Familienrituale und verbinden mit ihnen schöne Momente aus der Vergangenheit. Daher kann das gemeinsame Pflegen von Familienritualen für Seniorinnen und Senioren besonders wertvoll sein. 
  • „Heilige Momente“: Rituale können aus Alltäglichkeiten wertvolle Momente entstehen lassen. Als Beispiel eignet sich z. B. das in der Pflege oft notwendige Eincremen älterer Menschen. Als notwendige Routine kann es von älteren Menschen zwar als angenehm empfunden werden, es besitzt aber keine besondere Bedeutung. Halten Sie dagegen beim Eincremen der Hände diese kurz fest und sprechen dabei ein „Ich hab dich lieb!“ oder ein anderes liebes Wort zu Ihrem pflegebedürftigen Familienmitglied, so kann aus einer alltäglichen Angewohnheit in inniger ritueller Moment entstehen.

Welche Alltagrituale in der Pflege gibt es?

Bei der Gestaltung von Alltagsritualen in der Pflege sind Ihrer Kreativität im Grunde keine Grenzen gesetzt. Des es gibt viele Möglichkeiten, um aus kleinen und alltäglichen Gewohnheiten besondere rituelle Momente zu gestalten. Einige Rituale haben sich im Alltag mit pflegebedürftigen Menschen jedoch besonders bewährt:

  • Rituale am Morgen: Morgenrituale können den Tag in den Start versüßen und sowohl Pflegebedürftigen als auch Pflegenden die oft mühsame Pflegeroutine am Morgen erleichtern. Hören Sie zum Beispiel jeden Morgen gemeinsam einige Lieder von Musiker*innen, die Ihnen gleichermaßen gute Laune machen. Oder beginnen Sie den Tag gemeinsam mit ein paar leichten körperlichen Übungen im Bett, mit denen Sie den Kreislauf Ihres Familienmitgliedes sanft in Schwung bringen. Auch Zeichen der körperlichen Nähe, wie eine leichte Massage, eine Umarmung oder sanftes, humorvolles Kitzeln können den Start in den Tag den Start versüßen. Oder aber Sie besprechen den gemeinsamen Tagesplan und überlegen, was dem Tag noch fehlen könnte, damit es ein guter Tag werden kann.
  • Rituale beim Essen: In vielen Familien gehören Rituale zum festen Bestandteil der täglichen Mahlzeiten. Sprechen Sie beispielsweise ein Tischgebet- oder Tischspruch, reichen Sie sich die Hand und wünschen Sie sich einen guten Appetit oder zünden Sie eine Kerze an und halten Sie gemeinsam einen kurzen Moment Stille.
  • Rituale am Abend: Besonders für an Demenz erkrankten Menschen können abendliche Rituale sehr wertvoll sein, da sie häufig aufgewühlt sind und daher – auch aufgrund der verschobenen Zeitwahrnehmung – Probleme haben, zur Ruhe zu kommen. Bewährte Abendrituale sind zum Beispiel das Halten der Hände beim Einschlafen, eine Massage mit beruhigenden Aromaölen, das Auflegen von ruhiger Musik, das gemeinsame Singen oder der Einsatz eines Kuscheltieres, das die Schlafenszeit einläutet. Kann Ihr Familienmitglied noch gut kommunizieren, so können Sie auch einen gemeinsamen Tagesrückblick halten. Überlegen Sie beispielsweise drei Dinge, die am vergangenen Tag schön waren.
    Ideen für eine gelungene Abendgestaltung bietet Ihnen auch unser Ratgeber "Endlich besser schlafen".
  • Tages- und Wochenrituale: Rituale, die sich immer zur selben Tages- bzw. Wochenzeit wiederholen, können besonders viel Halt und Orientierung bieten. Trinken Sie zum Beispiel jeden Tag bewusst eine Tasse Kaffee oder Tee gemeinsam und signalisieren Sie dabei ein offenes Ohr für Ihr Familienmitglied. Oder aber planen Sie in den warmen Monaten des Jahres jeden Tag eine Feste Laufrunde ein. Ebenso können Sie einmal in der Woche eine „Überraschungsbesuchszeit“ gestalten, zu der ein Familienmitglieder oder eine bekannte Person die pflegebedürftige Person überrascht.

Was sollte man für Alltagsrituale in der Pflege beachten?

Im Umgang mit Ritualen brauchen Sie keine Befürchtung haben, etwas falsch zu machen. Dennoch gibt es einige Möglichkeiten, um Alltagsrituale in der Pflege besonders intensiv zu gestalten.

  • An Bedürfnisse anpassen: Passen Sie das Ritual immer an die Möglichkeiten Ihres Familienmitgliedes an und ändern Sie es, wenn sich die Verfassung der pflegebedürftigen Person ändert. Hat Ihr*e Angehörige*r beispielsweise immer gerne die Zeitung am Morgen gelesen, so können Sie aus der Zeitung vorlesen, wenn Ihr Familienmitglied dies nicht mehr alleine schafft. Fällt auch das Zuhören schwer, so kann beispielsweise das Halten und Anfassen der Zeitung die Erinnerung an den früheren Moment des Zeitungslesens wecken.
  • Bestehende Rituale fortführen: Führen Sie wann immer möglich bestehende Rituale fort. Etablieren Sie neue Rituale also erst, wenn für Ihre Idee noch kein altbewährtes Familienritual existiert. Respektieren Sie unbedingt die „Ritualwelt“ Ihres Familienmitgliedes, um ihm so die größtmögliche Vertrautheit und Sicherheit zu ermöglichen.
  • Religiöse Rituale erstnehmen: Auch wenn Sie selbst nicht gläubig sind, so sollten Sie behutsam mit den religiösen Gewohnheiten Ihres Familienmitgliedes umgehen. Respektieren Sie zum Beispiel den Wunsch nach einem Gebet zu den Mahlzeiten oder vor dem Schlafengehen oder ermöglichen Sie den Kirchenbesuch am Sonntag z. B. durch das Einschalten einer entsprechenden Übertragung im TV.

    Tipp: Für das Gestalten von kleinen christlichen Gebetszeiten eignen sich Gebetswürfel sehr gut. Sie sind in unterschiedlichen Ausführungen zu unterschiedlichen Anlässen in Onlineshops oder in Kirchenläden erhältlich. Eine Vorlage zum Selberbasteln eines Tischgebetswürfels können Sie hier herunterladen.
     
  • Regelmäßigkeiten einhalten: Achten Sie darauf, dass Sie Tages- und Wochenrituale möglichst verlässlich einhalten. Machen Sie sich dabei jedoch keinen Druck. Bedenken Sie allerdings, dass es gerade die Regelmäßigkeit und Verlässlichkeit ist, die Alltagsrituale in der Pflege besonders wertvoll macht.
     
  • Achtsam sein: Rituale leben von der Achtsamkeit, mit der sie gestaltet werden. Versuchen Sie daher, alle Alltagsrituale besonders aufmerksam zu begehen. Stellen Sie selbst fest, dass Ihnen dies nicht gelingt, so bringen Sie das Ritual in einen für Sie passenden Rahmen. Pausieren Sie das Ritual bei Bedarf. Andernfalls besteht die Gefahr, dass das Ritual in einer unter Umständen sogar lästigen Alltagsroutine endet und dadurch seinen besonderen Stellenwert verliert.