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Ratgeber

Wohin mit meiner Wut? – Strategien für den Umgang mit Ärger und Aggression in der Pflege

Aggression in der Pflege ist noch immer ein Tabuthema. Dabei gehört die engmaschige Begleitung eines nahen Angehörigen zu den herausforderndsten Aufgaben, denen sich ein Mensch im Laufe seines Lebens stellen muss. Denn neben körperlichen Strapazen bringt die Pflege enorme emotionale und seelische Belastungen mit sich. Zugleich zeigen sich Pflegebedürftige infolge ihrer gesundheitlichen Einschränkungen längst nicht immer dankbar für die aufopferungsvolle Pflege, die sie erfahren dürfen. Im Gegenteil: Pflegende Angehörige sehen sich nicht selten mit überzogenen Erwartungen oder sogar Vorwürfen konfrontiert.

Frust, Ärger und Wut sind daher nachvollziehbare Empfindungen im Pflegealltag.

Es ist allerdings äußerst wichtig, diese Emotionen bewusst wahrzunehmen und angemessene Umgangsstrategien zu entwickeln, um Eskalationen zu vermeiden. Im Blog möchten wir uns deshalb dem Tabu „Aggression in der Pflege“ stellen und einige Strategien und Tipps für pflegende Angehörige aufzeigen.

 

Aggression in der Pflege ist noch immer ein Tabuthema. Dabei gehört die engmaschige Begleitung eines nahen Angehörigen zu den herausforderndsten Aufgaben, denen sich ein Mensch im Laufe seines Lebens stellen muss. Denn neben körperlichen Strapazen bringt die Pflege enorme emotionale und seelische Belastungen mit sich. Zugleich zeigen sich Pflegebedürftige infolge ihrer gesundheitlichen Einschränkungen längst nicht immer dankbar für die aufopferungsvolle Pflege, die sie erfahren dürfen. Im Gegenteil: Pflegende Angehörige sehen sich nicht selten mit überzogenen Erwartungen oder sogar Vorwürfen konfrontiert.
Frust, Ärger und Wut sind daher nachvollziehbare Empfindungen im Pflegealltag.
Es ist allerdings äußerst wichtig, diese Emotionen bewusst wahrzunehmen und angemessene Umgangsstrategien zu entwickeln, um Eskalationen zu vermeiden. Im Blog möchten wir uns deshalb dem Tabu „Aggression in der Pflege“ stellen und einige Strategien und Tipps für pflegende Angehörige aufzeigen.

Wieso entstehen negative Gefühle in der häuslichen Pflege?

Im anspruchsvollen Pflegealltag gibt es vielfältige Ursachen für die Entstehung von negativen Emotionen wie Ärger und Wut. Es ist wichtig, diese zu erkennen und zu verstehen, um geeignete Gegenmaßnahmen zu entwickeln und positive Veränderungen zu erreichen.
 

  • Körperliche Belastung: Heben, Stützen, Stehen – Pflege ist Schwerstarbeit. Viele Pflegende spüren die körperlichen Beanspruchungen deutlich, etwa durch Gelenk- oder Rückenschmerzen, chronische Müdigkeit oder anhaltende Erschöpfung.
    Langfristig kann diese körperliche Belastung zu einer starken inneren Anspannung führen und am Nervenkostüm kratzen.
  • Emotionale Überforderung: Die Verantwortung für einen pflegebedürftigen Menschen kann emotional stark belasten. Ständiges Sorgen, zahlreiche Entscheidungen Tag für Tag, die Angst vor Fehlern oder Schuldgefühle können das seelische Gleichgewicht ins Wanken bringen und negative Emotionen begünstigen.
  • Müdigkeit und Schlafmangel: Viele pflegende Angehörige leiden unter Schlafmangel, weil sie auch nachts in der Pflege gefordert sind. Zusätzlich schlafen sie oft in ständiger Alarmbereitschaft, wodurch die Schlafqualität weiter beeinträchtigt wird.
    Das daraus entstehende Schlafdefizit erhöht die emotionale Reizbarkeit und erschwert einen gelassenen Umgang mit Stresssituationen.
  • Gefühl der Überforderung: Oftmals fühlen sich pflegende Angehörige mit den vielen Anforderungen des Pflegealltags allein gelassen. Denn die Kombination aus Pflege, Haushalt und weiteren beruflichen und privaten Verpflichtungen kann überwältigend sein. Die erlebte Überforderung kann leicht in Frustration, Resignation oder Wut umschlagen.   
  • Fehlende gesellschaftliche Wertschätzung: Pflegende Angehörige leisten enorme Arbeit – oft ohne nennenswerte öffentliche Anerkennung. Das kann frustrierend sein. Das Gefühl, nicht gesehen oder unterstützt zu werden, kann Resignation und Wut hervorrufen.
  • Selbst-Unzufriedenheit: Viele pflegende Angehörige haben hohe Ansprüche an sich selbst. Sie möchten alles so gut wie möglich machen. Läuft dann etwas nicht nach Plan oder passieren Fehler, wächst die Enttäuschung über das eigene Verhalten, die leicht in Ärger oder Wut umschlagen kann – gegen sich selbst oder andere.
  • Verlust der Selbstbestimmung: Pflegende Angehörige müssen häufig ihre eigenen Bedürfnisse zurückstellen und ihr Leben vollständig auf die Pflege abstimmen. Berufliche Ziele, soziale Kontakte und spontane Unternehmungen bleiben oft auf der Strecke. Das Gefühl, fremdbestimmt zu sein und das eigene Leben ein Stück weit aufgeben zu müssen, begünstigt Frustration und Wut.
  • Herausforderndes Verhalten der Pflegebedürftigen: Menschen mit neurologischen oder geistigen Erkrankungen – wie etwa Demenz – haben eine eingeschränkte Impulskontrolle. Sie sind launisch, laut oder ablehnend gegenüber Hilfeleistungen. Die Hilflosigkeit, die Pflegende in solchen Situationen erleben, kann leicht in Wut und eigene aggressive Reaktionen umschlagen.
  • Fehlende Anerkennung durch die pflegebedürftige Person: Viele pflegebedürftige können aufgrund ihrer Einschränkungen nur wenig Dankbarkeit zeigen – manchmal wirken sie auch unzufrieden oder fordernd. Statt einem Gefühl der Bestätigung wird pflegenden Angehörigen so oft der Eindruck vermittelt, sie würden noch nicht genug leisten. Dies kann Selbstzweifel begünstigen und zu Frust, Ärger und innerer Distanz gegenüber der gepflegten Person führen.
  • Konflikte: Neben Spannungen mit der pflegebedürftigen Person kommt es gelegentlich auch zu weiteren Konflikten innerhalb der Familie. Unterschiedliche Vorstellungen über die Art und Weise der Pflege oder fehlende Unterstützung durch andere Familienmitglieder können Frustration und Aggression zusätzlich fördern.

Welche Formen der Aggression in der Pflege gibt es?

Aggressionen in der häuslichen Pflege entwickeln sich oft schleichend und bleiben häufig lange unbemerkt. Dabei treten sie in unterschiedlichen Formen auf:

  • Gereiztheit: Gereiztheit ist häufig die erste und subtilste Form von Aggression in der Pflege. Die pflegende Person reagiert zunehmend negativ auf das pflegebedürftige Familienmitglied. Gedanken werden düsterer, die Stimmung angespannter. Ein liebevoller, zugewandter Umgang wird spürbar seltener.
  • Passive Aggression: Wichtige Pflegetätigkeiten wie die Körperpflege oder das Reichen von Nahrung werden absichtlich hinausgezögert oder nur halbherzig erledigt. Durch den damit verbundenen Mangel an Zuwendung, Geduld und Empathie kann ein Gefühl der Vernachlässigung oder sogar Erniedrigung entstehen.
  • Bevormundung: Es ist ein Ausdruck von Menschenwürde, wenn Menschen eigenständig über sich und ihre Bedürfnisse entscheiden können, selbst wenn sie dabei eingeschränkt sind oder Unterstützung benötigen. Wer diese Selbstbestimmung ignoriert, übt eine subtile, aber verletzende Form der Aggression aus: die Bevormundung. Pflegebedürftigen werden zum Beispiel wichtige Informationen vorenthalten oder Tagesabläufe über ihren Kopf hinweg festgelegt.
  • Verbale Aggression: Sie beginnt oft harmlos mit kurzen, schroffen Antworten oder einem ruppigen Tonfall. Zu den stärkeren Formen der verbalen Aggression zählen dann das Anschreien, Schimpfwörter, Beleidigungen und Drohungen.
  • Psychische Aggression: Die Facetten der psychischen Aggression in der häuslichen Pflege sind vielfältig. Sie reichen von herablassenden Äußerungen (z. B. „Nicht mal das kriegst du mehr hin.") und Vorwürfen (z. B. „Du stellst dich immer so an.") über Einschüchterungen (z. B. „Mach so weiter, dann komm ich morgen nicht.") bis hin zu manipulativen Aussagen (z. B. „Wenn du willst, dass ich dir helfe, musst du dich erstmal entschuldigen."). Die psychische Aggression ist subtiler als andere Formen der Aggressivität, aber nicht weniger schädlich.
  • Körperliche Aggression: Anders als oft vermutet, beginnt die körperliche Aggression nicht erst mit offensichtlicher Gewalt. Denn zu ihr zählen auch das ruppige Anfassen, grobe Umlagern oder das energische Festhalten – insbesondere, wenn solche Handlungen ohne Rücksicht auf das Wohlbefinden der pflegebedürftigen Person erfolgen.

Weitere Informationen zu den verschiedenen Formen der Gewalt finden Sie auf der Website gesund.bund, herausgegeben vom Bundesministerium für Gesundheit.

Instrumentelle und feindselige Aggression in der Pflege

Gefühle der Aggression und aggressive Verhaltensweisen in der Pflege sind immer ein ernstzunehmendes Warnsignal. Zur besseren Einordnung der Aggression kann eine Unterscheidung in zwei unterschiedliche Intentionstypen hilfreich sein:

  • Instrumentelle Aggression: Bei der instrumentellen Aggression dient die angewandte Gewalt dazu, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. 
    Beispiel: Ein älterer Mensch wird bei der Körperpflege grob festhalten, um die Pflege schneller erledigen zu können. Der Zeitdruck steht über dem körperlichen und emotionalen Wohlbefinden der betreuten Person.
  • Feindselige Aggression: Von dieser Aggression spricht man, wenn die pflegende Person bewusst aus negativen Gefühlen handelt und der pflegebedürftigen Person gezielt schaden möchte – körperlich oder seelisch. 
    Beispiel: Beim Ankleiden zieht die Pflegeperson der betreuten Person mit Absicht ruckartig die Kleidung aus – aus Ärger über vorheriges Verhalten.

Was kann ich tun, wenn ich Wut und Aggression in der Pflege spüren?

Ein verletzender Kommentar, die ständige Unzufriedenheit der gepflegten Person oder das Gefühl, alles allein tragen zu müssen – es gibt viele Auslöser, die bei pflegenden Angehörigen Wut oder Ärger hervorrufen können.

Wichtig: Momente der Aggressionen in der Pflege sind menschlich. Niemand sollte deshalb von Schuldgefühlen geplagt sein. Entscheidend ist jedoch, einen guten Umgang mit der eigenen Aggression zu finden, damit aus negativen Emotionen keine negativen Handlungen entstehen.

Die nachfolgenden „Sofortmaßnahmen“ sollen dazu eine Hilfestellung bieten.

  • Distanz schaffen: Wenn Sie merken, dass Wut in Ihnen aufsteigt, versuchen Sie – wann immer möglich – die Situation zu verlassen. So vermeiden Sie unbedachte Reaktionen und bewahren auch Ihr Gegenüber vor einer Eskalation. Beenden Sie die Pflege für den Tag oder zumindest für den Moment. Falls das nicht möglich ist, ziehen Sie sich für kurze Zeit in einen anderen Raum zurück. Atmen Sie tief durch und sammeln Sie sich, bevor Sie wieder in die Situation zurückkehren.
  • Atemübungen: Es mag einfach und simpel klingen. Dennoch ist das bewusste Atmen eine der einfachsten Möglichkeiten, um den eigenen Puls zu beruhigen. Schließen Sie die Augen, atmen Sie einmal ganz tief ein, halten Sie die Luft einige Sekunden und atmen Sie diese dann so langsam wie möglich wieder aus. Wiederholen Sie den Vorgang einige Male, bis Sie sich wieder geerdet und ruhiger fühlen.
  • Selbstbestärkung: Positive Selbstbekräftigung ist eine hilfreiche Strategie zur emotionalen Selbstregulation in Situationen, die Sie nicht einfach verlassen können (z. B. beim Baden oder Umlagern). Sprechen Sie sich dazu ermutigende Sätze immer wieder leise zu. Gut geeignet sind beispielsweise die folgenden Formulierungen: „Ich kann das.“, “Ich bleibe ruhig.“ oder „Ich mache das gut.“
  • Zählen: Wie die Selbstbestärkung ist auch das innere Zählen eine einfache Technik zur Impulskontrolle – besonders in Momenten, in denen ein Rückzug nicht möglich ist. Zählen Sie innerlich langsam bis zehn, bevor Sie reagieren. Das schafft emotionalen Abstand zwischen Gefühl und Handlung.
  • Abgrenzende Kommunikation: Pflegebedürftige erkennen häufig nicht, wie stark Sie belastet sind. Signalisieren Sie daher deutlich, aber ohne Vorwürfe, dass Sie eine kurze Pause benötigen. (Beispiel: „Es ist für mich sehr anstrengend, dass du bei der Pflege so wenig hilfst. Ich brauche einen Moment für mich. Ich komme gleich wieder.“)  
  • Anspannung abbauen: Wenn sich Anspannung unkontrolliert entlädt, kann das belastend für alle Beteiligten sein. Versuchen Sie daher, Anspannungen frühzeitig und kontrolliert abzubauen, z. B. durch einen Schrei, das Boxen in ein Kissen oder das Kneten eines Stressballs. Führen Sie diese Übungen aber nicht in Anwesenheit Ihres Familienmitglieds durch.
  • Kaltes Wasser: Eine einfache, aber sehr effektive Methode zur schnellen Beruhigung in angespannten Situationen ist das Befeuchten des Gesichts oder der Handgelenke mit kaltem Wasser. Der Kältereiz wirkt wie ein „Reset“ und hat eine sofortige beruhigende Wirkung auf das Nervensystem. Er kann Sie daher aus dem emotionalen Ausnahmezustand zurück in den Moment holen.

Hilfe in belastenden Situationen – Das Notfalltelefon für pflegende Angehörige

Die Initiative „Handeln statt Misshandeln - Altern ohne Gewalt“ bietet pflegenden Angehörigen in belastenden Situationen kostenlose, anonyme Beratung durch Fachkräfte. Ziel ist es, gemeinsam Lösungen zu finden, bevor Konflikte eskalieren. Ein Anruf kann entlasten und neue Perspektiven eröffnen. Das Notfalltelefon ist montags bis freitags von 10 bis 16 Uhr unter der Telefonnummer 02222-9954569 erreichbar.

Wie kann ich Wut und Aggressionen in der Pflege längerfristig vorbeugen?

Die beste Maßnahme gegen Aggressionen in der Pflege ist eine möglichst gute Prävention. Versuchen Sie, Stressoren in der Pflege zu erkennen und so früh wie möglich Gegenmaßnahmen einzuleiten.

  • Belastungen ernst nehmen: Die Pflege eines Familienmitglieds ist eine fordernde Aufgabe. Grenzerfahrungen sind dabei normal. Nehmen Sie sich selbst daher gut in den Blick. Übergehen Sie es nicht, wenn Sie spüren, dass Ihre Kraft nachlässt. Bauen Sie keine Luftschlösser, zum Beispiel durch die Hoffnung, dass sich alles von allein bessert. Handeln Sie sofort, wenn Sie sich kraftlos oder gereizt fühlen.
  • Emotionen zulassen: Es ist wichtig, Gefühle wie Wut und Ärger nicht dauerhaft zu unterdrücken. Stehen Sie zu Ihren Emotionen und suchen Sie nach geeigneten Möglichkeiten, um offen darüber zu sprechen. Denn verdrängte Emotionen enden nicht selten in Gefühlsausbrüchen, die für alle Beteiligten belastend sein können.
  • Eigene Grenzen ansprechen: Niemandem ist geholfen, wenn Sie ein gutes Schauspieltalent beweisen, dann aber irgendwann explodieren oder zusammenbrechen. Teilen Sie Ihrem pflegebedürftigen Familienmitglied daher mit, wenn bei Ihnen eine Belastungsgrenze erreicht ist und Sie Abstand brauchen oder für sich selbst sorgen müssen. Das Setzen von Grenzen ist keinesfalls egoistisch. Im Gegenteil: Es ist eine unverzichtbare Voraussetzung, um langfristig eine gute Pflege leisten zu können.
  • Gespräche mit Vertrauten suchen: Halten Sie Ausschau nach Vertrauten und Gleichgesinnten, mit denen Sie offen und ungeschönt über Ihre Belastungen in der Pflege sprechen können. Es dient dabei auch Ihrer Psychohygiene, wenn Sie offen aussprechen, was Sie an Ihrem Familienmitglied stört. Im gemeinsamen Gespräch können so neue Lösungen und Perspektiven zur Verbesserung der Situation gefunden werden.
  • Realistische Erwartungen setzen: Viele pflegende Angehörige muten sich selbst zu viel zu, da sie die Pflege so perfekt wie möglich gestalten wollen. Das führt zwangsläufig zu einer Selbstüberforderung. Perfektion ist kein hilfreicher Maßstab im Pflegealltag. Niemanden nützt eine vermeintlich perfekte Pflege, wenn Sie diese nur für wenige Tage leisten können. Arbeiten Sie daher lieber auf einem soliden Niveau, das Sie langfristig halten können. Passen Sie Ihre Ansprüche an, um souveräner auf Herausforderungen reagieren zu können.
  • Für ausreichend Schlaf sorgen: Guter Schlaf ist essenziell für die emotionale Stabilität und Belastbarkeit. Legen Sie deshalb ein besonderes Augenmerk auf die Menge und die Qualität Ihres Schlafs.
  • Regelmäßige Auszeiten einplanen: Häusliche Pflege ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Wirtschaften Sie deshalb gut mit Ihren Ressourcen und achten Sie auf regelmäßige Auszeiten. Anregungen dazu bietet auch unser Blogbeitrag „Kleine und große Auszeiten für pflegende Angehörige“.
  • Entspannungstechniken erlernen: Methoden wie Meditation oder die Progressive Muskelentspannung sind bewährte Strategien, um Stress aktiv abzubauen. Gut eingeübt können sie in belastenden Lebensphasen wie ein inneres Sicherheitsventil wirken, mit dem Sie Anspannungen lösen können, bevor diese die Kontrolle übernehmen.
  • Pflegetagebuch führen: Eine wirkungsvolle Möglichkeit, um sich der vielfältigen Belastungen im Pflegealltag bewusst zu werden und die damit verbundenen Emotionen zu reflektieren, ist das Führen eines Pflegetagebuch. Notieren Sie darin Ihre Erlebnisse, Gedanken und Gefühle. Oftmals kann das Schreiben selbst bereits ein wertvolles Stressventil sein
  • Hilfe annehmen: Niemand muss die Pflege eines Angehörigen allein bewältigen. Zögern Sie daher nicht, Unterstützung anzunehmen – sei es durch Ihr persönliches Umfeld oder durch professionelle Hilfsangebote für pflegende Angehörige. Denken Sie daran: Hilfe anzunehmen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern Ausdruck von Stärke und Selbstverantwortung in einer belastenden Situation.

Hilfsangebote für pflegende Angehörige bei emotionalen Belastungen

Erfreulicherweise ist das Bewusstsein für die Belastungen pflegender Angehöriger in den letzten Jahren gewachsen – und mit ihm auch die Bandbreite der Unterstützungsangebote

  • Selbsthilfegruppen für pflegende Angehörige: Der Austausch mit anderen Pflegenden ist eine der wichtigsten Möglichkeiten, um eigenen Emotionen in einem geschützten Rahmen anzusprechen und neue Lösungsoptionen zu entwickeln. Informationen zu örtlichen Selbsthilfegruppen erhalten Sie bei Pflegestützpunkten, Wohlfahrtsverbänden oder den Sozialämtern.
  • Onlineforen: Onlineforen wie beispielsweise der Treffpunkt für pflegende Angehörige, das Pflegenetz-Forum oder die Austauschplattform „Wegweiser Demenz" bieten pflegenden Angehörigen eine bequeme und schnelle Plattform, um Erfahrungen auszutauschen und Rat zu suchen. Sie sind allerdings kein Ersatz für das persönliche Gespräch in größeren Belastungssituationen.
  • Schulungen zur Gewaltprävention und zum Pflegealltag: Eine bessere Pflegeroutine, eine stärkere Achtsamkeit für eigene Bedürfnisse oder eine größere Wachsamkeit für herausfordernde Pflegesituationen – Schulungen können für pflegende Angehörige eine wertvolle Unterstützung sein. Einige Anbieter, wie das Zentrum für Qualität in der Pflege, haben sich gezielt auf das Thema Gewaltprävention in der Pflege spezialisiert.
  • Professionelle Unterstützung:  Gespräche mit psychologischem Fachpersonal können pflegenden Angehörigen helfen, emotionale Belastungen zu verarbeiten. Neben therapeutischen Angeboten, die über den Hausarzt verordnet werden können, gibt es auch kostenlose Beratungsangebote, wie die Ehe-, Familien- und Lebensberatung der Kirchen. Sie können helfen, neue Strategien zur Bewältigung negativer Gefühle zu entwickeln.
  • Pflegestützpunkte: Pflegestützpunkte bieten pflegenden Angehörigen konkrete Hilfe bei Herausforderungen im Pflegealltag. Sie unterstützen unter anderem bei der Beantragung von Pflegeleistungen, informieren über Entlastungsangebote wie die Verhinderungspflege und helfen dabei, individuelle Unterstützungsoptionen zu finden.

Ich habe überreagiert und war aggressiv. Was kann ich tun?

Kommt es aus Überforderung zu einer Überreaktion gegenüber einem pflegebedürftigen Familienmitglied, ist es wichtig, innezuhalten und die Situation zu reflektieren. Es hilft, sich selbst einzugestehen, dass ein Fehler passiert ist. Gehen Sie offen und ehrlich damit um und bemühen Sie sich um eine aufrichtige Entschuldigung. Stellen Sie fest, dass Sie anhaltend gestresst, überreizt oder erschöpft sind, sollten Sie diese Warnsignale ernst nehmen und Hilfe suchen – etwa durch Beratungs- und Entlastungsangebote oder ein vom Hausarzt verordnetes Gespräch mit psychologisch geschultem Fachpersonal.

Wichtig: Eine aggressive Reaktion macht Sie nicht zu einem schlechten Menschen. Sie ist vielmehr ein deutliches Zeichen dafür, dass Ihre Belastungsgrenze überschritten ist – und dass es an der Zeit ist, gut für sich selbst zu sorgen.

Unterstützung durch eine Pflegekraft der 24 h Pflege zu Hause

Wut und Frust entstehen häufig aus einer dauerhaften Überlastung. Eine 24 h Pflege zu Hause kann hier eine sinnvolle Entlastungsmöglichkeit darstellen. Pflegekräfte übernehmen zentrale Aufgaben im Alltag und sind in der Regel auf herausfordernde Pflegesituationen vorbereitet. Dadurch können sie pflegende Angehörige nicht nur praktisch unterstützen, sondern auch zur emotionalen Entlastung beitragen – besonders in Situationen mit hohem Stresspotenzial.